Second life - Minitrix BR 103


Immer wieder gibt es Modelle, deren beste Zeit längst vorbei ist. Abgenutzt und unsachgemäß behandelt zeigen sich solche Modelle oft mit Blessuren aus grober Handhabung in einem bemitleidenswerten Zustand.

Auch meine hier vorgestellte 103 133-5 von Minitrix war ein solches Modell: Längst abgeschrieben und scheinbar ohne Zukunft wurde mir das Maschinchen gratis überlassen.

Nach eingehender Überlegung stellte ich jedoch fest, dass diese Lok zu schade für die Bastel- und Ersatzteilkiste ist. So machte ich mich an die Arbeit und die Lok wurde im "Ausbesserungswerk Barbara" grundlegend überarbeitet. Vorweg sei gesagt: Es hat sich gelohnt und aus dem erbärmlich verranzten Modell ist ein überaus vorzeigbares Unikat geworden. Dieses Modell hat wohl das "große Los" gezogen und ich habe sehr viel Freude an dieser Lok.

Folgende Arbeiten wurden durchgeführt:


  • Gehäuse umfassend instandgesetzt
  • Gehäuse-Teillackierung
  • Dachausrüstung komplett neu aufgebaut
  • Stromabnehmer mit Wanisch-Wippen umgebaut
  • Digitalisierung ohne Sound
  • LED - Spitzen- und Schlussbeleuchtung (separat schaltbar)
  • Einzeln schaltbare Illumination der Dachhaube


Das alles war eine Menge Arbeit und kostete nicht nur Geduld, sondern auch viel Zeit. Da mag sich die Frage stellen, ob sich der Aufwand für ein "Massenmodell" älterer Produktion überhaupt lohnt. Meine Antwort ist ideeller Natur, denn mir ist der handwerkliche Erfolg sehr viel wichtiger, als der entgegenstehende Handelspreis eines solchen Modells.

 




Abbildung:


"Abnahmefahrt" auf der Anlage.


Die verfeinerte 103 133-5 zeigt sich nach der Aufbereitung nicht nur zeitgemäß, sondern hat eine überraschend authentische Wirkung.

Die feinen Dachleitungen und die realisch wirkende Lokbeleuchtung tragen ebenso dazu bei, wie auch der angenehme, seidenmatte Klarlack.

Ein nur latent wahrnehmbares Detail ist das resedafarbig ausgelegte Führerpult hinter den Stirnfenstern, doch auch das trägt zur positiven Gesamterscheinung dieses überarbeiteten Modells bei.



Abbildung:

Ein Vergleichsfoto zeigt die Lok im Zustand vor der Bearbeitung.




Abbildung:


In diesem Zustand fand das Modell zu mir:

Deutlich bespielt, speckig und mit vielen anderen Unzulänglichkeiten. Aber die vollständig erhaltene Beschriftung, sowie die beherrschbaren Lackschäden wertete ich als großen Pluspunkt und wagte deshalb eine Bestandsaufnahme.





Abbildungen:


Es ist erstaunlich, wie sich das Modell zuletzt noch aus eigener Kraft hat fortbewegen können. Die Drehgestelle waren völlig verdreckt und mit Staubgespinst durchzogen. Der robuste 3-Poler feuerte seinen Kohlenstaub umher. Ein offensichtlicher Sturz spaltete die Pufferaufnahme in 3 Teile. Auch die unbrauchbaren Standardkupplungen zeugen von einem einst entsprechenden Umgang mit diesem Modell.



Instandsetzung und Aufwertung


Wie eingangs bereits erwähnt, kann der handwerkliche Aufwand zur Instandsetzung einer solchen Lok beträchtlich sein. Das ist natürlich eine Frage der Arbeitstiefe und der damit verbundenen Motivation. Mir persönlich genügte es nicht, die Lok einfach nur wieder fahrtüchtig herzurichten. Vielmehr ist es mein Anspruch, den investierten Mühen ein zeitgemäßes Einzelexemplar mit Ausrufezeichen zu entlocken.

Die folgende Bildauswahl zeigt meine Arbeitsschritte.





Abbildungen:


Nach der Demontage erfolgte eine gründliche Reinigung aller Bauteile. Das geschieht bei mir stets manuell und mit großer Sorgfalt, da ich Ultraschallbäder aus verschiedenen Gründen eher nicht anwende. Einer dieser Gründe ist das Aufspüren verdeckter Mängel, so wie in diesem Falle: Während der Reinigung zeigten sich lose Radscheiben. Es ist sicherlich einleuchtend, dass hier Handlungsbedarf besteht, damit die Lok auch später ihre Leistung auf die Schienen übertragen kann.

Der völlig verdreckte Motor wurde zunächst mit Druckluft ausgeblasen. Mit einem in Isopropanol getränkten Papiertuch reinigte ich den Gehäusebereich um den Kollektor. Die Kupferlamellen zog ich mit 800er Schleifpapier ab. Zum gleichmäßigen Andrücken des Schleifpapieres nutzte ich die Bürstenhalter und drehte die Motorwelle dabei langsam mit der Hand. Der neubekohlte Motor dankt es mit einem ruhigen, sauberen Lauf.









Abbildungen:


In den weiteren Schritten kümmerte ich mich um die Platine, sowie um das Chassis. Da die ursprünglich analoge Lok ohne Sound digitalisiert werden sollte, suchte ich einen geeigneten Dekoderplatz. Da ich nicht auf einen Teil der sparat eingelegten Bleigewichte verzichten wollte, fräste ich das Chassis entsprechend der Abbildung passend. Der DH10C (2. Generation) von Döhler und Haass passt quer zur Fahrtrichtung und wurde von mir unterhalb der Platine angebracht. Das ermöglicht später, die Platine nebst Dekoder einfach zu entnehmen. Nur die Verbindungen zwischen Platine, Motor, Drehgestell, sowie Spitzenbeleuchtung werden in einem solchen Falle abgelötet.

Natürlich musste dazu auch die Platine selbst modifiziert werden: Die Leiterbahnen wurden an geeigneten Stellen getrennt, unnötige Kontaktfahnen ausgelötet, SMD-Widerstände und die Dachhauben-LED platziert. Die beiden kaltweißen Dachhauben-LED verband ich optisch mit einem längsseitig geschmirgelten Lichtleitkabel. Auf diese Weise wird das Licht an der Außenfläche gebrochen und trägt zu einem gewissen Leuchteffekt bei.

Auch die Lichtleiter der Stirnbeleuchtung erfuhren eine Behandlung. Während die obere Fläche von der abblätternden, schwarzen Farbe befreit wurde, sorgte ein feiner Schliff für neuen Halt. Zunächst schwarz vorbehandelt, zeigen sich diese Flächen aus vorbild-optischen Gründen nun in resedagrün.

Um Einstrahlungen der ebenfalls neu installierten Zugschlussbeleuchtung in das obere, dritte Spitzenlicht zu vermeiden, erfolgte eine weitere, schwarze Sperr-Lackierung in banderolenform. Die Wirkung ist auf dem entsprechenden Bild oben gut zu erkennen.










Abbildungen:


Nun erfolgten die Arbeiten am Lokgehäuse. Meine erste Tätigkeit war hier die sehr vorsichtige Reinigung des gesamten Gehäuses mit Isopropanol. Dabei sollten nur sehr geringe Mengen partiell und ohne nenneswerten Druck aufgetragen werden um keine Beschriftungen versehentlich zu beschädigen. Wie lohnend dieser Arbeitsschritt war, wird auf den Bildern deutlich.


Anschließend widmete ich mich der defekten Pufferaufnahme. Dazu verklebte ich die gespaltene Partie und verpresste die Klebestelle mit einem verstellbaren Windeisen bis zur völligen Aushärtung. Anschließend verfüllte ich die Pufferaufnahme mit 2K-Kleber und bohrte später das Loch exakt mittig wieder auf. Nach dem Verschleifen und Lackieren ist der Schaden behoben. Abgestoßene, graue Kanten entlang des Rahmens berücksichtigte ich ebenfalls. Zuletzt erhielt das Gehäuse einen seidenmatten Klarlack als Versiegelung.


Die defekte und ohnehin wenig ansprechende Dachausrüstung ersetzte ich ebenfalls. Dazu bediente ich mich der Fine-Scale-Isolatoren von Eichhorn. Nach dem Ausbohren der verklebten Plastik-Reste wurden die neuen Isolatoren aus Messing-Feinguss sauber ausgerichtet und mit Sekundenkleber von unten fixiert. Das anschließende Biegen der Dachleitung ist eine Sache für sich. Es bedarf sehr viel Geduld und Geschick hier eine dreidimensional korrekte und in die Isolatoraufnahmen passende Dachleitung zu biegen. Als Vorbild diente bei mir übrigens eine Fleischmann-103.

Die angebrochene Hauptschalterimitation konnte ich hingegen retten. Dazu bohrte ich ein genau platziertes Loch in den Isolator und konnte den oberen Teil des Hauptschalters einstecken und verkleben.


Zur Neubestückung mit geeigneten Stromabnehmern bewährten sich meine Ersatzteilvorräte. Aus dem recht schönen Sommerfeldt-DBS 54 mit Dotzler-Wippe entstand ein DBS 54 mit Wanisch-Wippe, entsprechend dem großen Vorbild bis etwa Mitte der 70er Jahre.


Insgesamt wurde die Dachpartie behutsam farbbehandelt. Laufstege, Stromabnehmerantriebe und die Gitter der beiden Bremswiderstandslüfter erhielten die passenden Farben bzw. ein feines Washing.







Nachtrag zur technischen Umrüstung


Noch während der ersten Probefahrten stellte ich fest, dass die Dachhaubenbeleuchtung bei kurzen Stromunterbrechungen flackerte. Diesen unangenehmen Effekt wollte ich unbedingt durch einen Pufferkondensator beseitigen. Da die Pufferung des DH10C nur in Verbindung mit einer Ladeschaltung betrieben werden darf, entschied ich mich für den Fichtelbahn-Puff-N. Dazu begradigte ich die 3D-Druck-Motoraufnahme des einzubauenden Glockenankermotors und befestigte an dieser seitlichen Fläche den Puff-N.

Durch die Verwendung des Glockenankermotors verbesserte sich außerdem die Laufkultur der 103 nochmals sehr deutlich. 

Auf jeden Fall erzielte diese Maßnahme den gewünschten Effekt, denn die Dachhaubenbeleuchtung bleibt nun stabil und flackerfrei.




Fazit:


Dieses Beispiel zeigt, wie sehr sich Mühe und persönliche Investition mitunter lohnt.

Natürlich - nicht jedes abgewirtschaftete Modell kann gerettet werden. Oft sind die Schäden durch unsachgemäßen Gebrauch so weit fortgeschritten, dass eine Instandsetzung oder gar Verfeinerung - wie hier geschehen - schlicht vergebens wäre.


In diesem Falle jedoch hat dieses Modell fortan ein verdientes "Second Life" vor sich - und ist ganz sicher bei mir in guten Händen...