Prototyp - "Silberlinge" als Umbauidee
Zweifelsfrei gehören die sogenannten "Silberlinge" zu den wichtigsten Reisezugwagenentwicklungen der damals noch jungen Bundesbahn. Der Name ist der unlackierten Edelstahloberfläche mit dem prägnanten, einpolierten "Pfauenaugenmuster" entlehnt.
Diese omnipräsenten Fahrzeuge verkörperten seit den 60er Jahren den fortschrittlichen Nah- und Berufsverkehr. Aber auch in Eil- und D-Zügen wurden diese Wagen gelegentlich eingesetzt - und sogar in Interzonenzügen waren Silberlinge zu finden. Die Silberlinge verfügten je Wagenseite über zwei Paar symmetrisch angeordneter Drehfalttüren mit großen Vorräumen für den zügigen Fahrgastwechsel.
Silberlinge gehörten über Jahrzehnte hinweg zum gewohnten Alltagsbild - noch weit bis in die Ära der heutigen Bahn AG.
Doch zuvor wurde das erfolgreiche Konzept der "Silberlinge" an verschiedenen Prototyp-Wagen erprobt.
Dazu stellten die Ingenieure namhafter Wagenhersteller in Zusammenarbeit mit der Deutschen Bundesbahn verschiedene Erprobungsträger auf die Schienen. Die einzelnen Fahrzeuge zeichneten sich durch unterschiedliche Konstruktionsprinzipien, verwendete Materialen und voneinander abweichenden Ausstattungen hinsichtlich der Wagentechnik und den Fahrgasträumen aus.
Einige dieser Prototypen waren zunächst grün lackiert und erhielten im Rahmen größerer Untersuchungen auch die ozeanblau-elfenbein-Farbgebung. Unter diesen Fahrzeugen befanden sich mehrere Exemplare, deren äußere Gestalt den späteren Silberlingen bereits sehr weitgehend glich - sieht man von der Farbgebung einmal ab.
Abbildung:
Das fertige Modell des ozeanblauen Bnb711 auf Basis eines Fleischmann-Silberling.
Der Wagen ist auf eine weitgehend korrekte Pufferstandshöhe gebracht worden und verfügt deshalb auch über niedrigere Kupplungsdeichseln.
Die Lackierung und Beschriftung verleihen ein völlig neues Erscheinungsbild und machen dieses Modell zu einem Unikat - ganz wie sein Vorbild.
Genau diese Vorbilder der Prototyp-"Silberlinge" eignen sich schließlich auch für eine Modellumsetzung.
So bot bereits 1999 Fleischmann ein Sonderset unter 8863 K, u.a. mit einem grünen Prototyp-Wagen in Epoche III an. Leider unterblieben weitere Varianten in Epoche IV.
Für mich konnte ich diese Lücke nun schließen.
Als Vorbild wählte ich die beiden ozeanblauenen, Hannoveraner Wagen 50 80 22-03 030-0, ein Bnb711, sowie den 50 80 31-11 001-0 - das war ein ABnb701.
Abbildung:
Hier geben sich der grüne Fleischmann-Prototyp in Epoche III und das von mir umgesetzte Epche IV-Modell auf Fleischmann-Basis ein Stelldichein.
Umsetzung in das Modell
Es liegt eigentlich auf der Hand:
Für ein ozeanblaues Modell nutzte ich auch die entsprechende Wagenbasis, nämlich ein Fleischmann-Silberling mit ozeanblauem Rahmen. Wenn es ein grünes Epoche IV-Modell werden soll - so besteht auch hier sicher kein Beschaffungsproblem. Auf jeden Fall aber ist auf diese Weise nur der Aufbau zu behandeln und ggf. die Dachfarbe anzupassen.
Es lohnt jedoch unbedingt, sich zuvor mit der einschlägigen Literatur zu befassen, um das richtige Modell zu wählen.
Hier bleibt ohnehin nicht allzuviel Auswahl, denn längst nicht jeder Prototyp-"Silberling" ist so einfach umzusetzen, zumindest wenn sich die Kompromisse im Rahmen halten sollen.
So sind beispielsweise die Prototyp-Wagen mit gesickten Dächern für die hier gezeigte Umarbeitung ungeeignet; sei es wegen der anderen Fensteraufteilung oder einem durchgehenden Hohlkastenprofil unter dem Wagenboden. Andere Wagen haben gesichte Seitenwände, wieder andere Schwenkschiebetüren...
Mir war es wichtig, den Aufwand in Grenzen zu halten und trotzdem ein glaubhaftes Ergebnis zu erzielen.
Abbildung:
Dieser Fleischmann-Silberling entstammt einer jüngeren Produktion und wurde von mir bereits in der Höhe angepasst. Wegen seines schwarzen Rahmens steht das Modell als Arbeitsvorrat an und wartet auf seine Wandlung als grüner Epoche IV-Prototyp.
Abbildung:
Eine wesentliche Voraussetzung für das gelungene Erscheinungsbild ist die Tieferlegung des zu bearbeitenden Modells. Man beachte das Foto links:
Hier steht der bereits tiefergelegte Silberling "Kopf an Kopf" mit einem schachtelfrischen "Silberling" in Karlsruher Lackierung.
Der Handlungsbedarf ist mehr als offensichtlich...
Für eine erfolgreiche Tieferlegung wird der Drehkranz an der Wagenunterseite bündig mit den Rahmenwangen abgefräst und die Zapfen zur seitlichen Abstützung genau passend gekürzt. Das erfordert sehr viel Sorgfalt und Fingerspitzengefühl, sowie handwerkliche Erfahrung. Es ist absolut wichtig, dass die Dreipunktlagerung an dem statisch bestimmten Drehgestell einwandfrei bestehen bleibt, da das Modell sonst wanken würde.
Darüber hinaus werden die 6,2 mm-Radsätze gegen solche mit 5,6 mm getauscht.
Die Tieferlegung hat auch einen Höhenversatz der Kupplungsdeichsel zur Folge. Deshalb muss zwingend eine gekürzte Deichsel verbaut werden.
Das Ergebnis ist im rechten Foto dargestellt:
Der direkte Vergleich mit einem Fleischmann-Mitteleinstiegswagen erfreut schließlich das versierte Modellbahner-Auge 😊
Abbildung:
Die Arbeitsschritte nach der Tieferlegung konzentrieren sich auf die Wagenkästen. Hier muss alles gründlich mit 1000er Nasschleifpapier abgetragen werden. Es darf weder eine Beschriftung, noch das Pfauenaugenmuster bestehen bleiben, da die Strukturen andernfalls unter dem Lack sichtbar blieben.
Die Zugschlussimitationen werden durchbohrt und später bedarfsweise mit SMD-LED ausgestattet. Auf jeden Fall aber werden die Bohrungen abschließend mit Kristall-Klear und einem winzigen Tropfen AK-transparent-rot gefüllt.
Die Lackierung erfolgt in mehreren Schritten. Zunächst in RAL 1014 elfenbein, dann in RAL 5020. Neben einer exakten Vorarbeit ist allerdings der Abklebevorgang eine Geduldsarbeit. Hier sollte man sich viel Zeit nehmen.
Die Decals wurden nach meiner gründlicher Vorbildrecherche bei einem in Fachkreisen bekannten Lieferanten in Auftrag gegeben.
Nach dem Aufbringen der Decals erfolgte noch eine Klarlackversiegelung.
Abbildung:
Auch der ABnb ist in Arbeit.
Dieser Wagen erhält auch elfenbeinfarbige Fensterrahmen...
... während der fertige Bnb711 mit einer flackerfreien Zugschlussbeleuchtung und 470uF - Kondensator aufwartet.
Abbildung:
Im geschlossenen Zugbild fällt der Wagen erst auf den zweiten Blick als Prototyp auf, denn er fügt sich hervorragend in das Gesamtbild ein.
Auch harmoniert das Fleischmann-Modell in Prototyp-Lackierung nun bestens mit den Silberlingen aus dem Hause Minitrix.
Insgesamt hat mir dieser Umbau viel Freude bereitet und erlaubt nun weitere, sehr interessante Zugbildungen.
www.barbaras-spur-n-welten.de
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