Einheitshilfsgerätewagen
...wichtiger Bahndienstwagen mit interessanten Aufgaben
Nicht nur das große Vorbild wird kaum wahrgenommen, sondern auch im kleinen Maßstab erfährt dieser Bahndienstwagen wenig Beachtung.
Sehr zu Unrecht, denn die Einheitsgerätewagen sind technisch und betrieblich hochinteressante Fahrzeuge.
Das Umbauprojekt dieses Roco-Spur N-Modells zeigt die digitalen und optischen Möglichkeiten auf.
Zusätzlich werden auch einige Informationen zum Vorbild des EHG 388 bereitgestellt.
Abbildung:
Ein überzeugender Auftritt:
Das modifizierte Roco-Modell mit eingeschalteter Beleuchtung. Auf diesem Bild ist eine 212 in ozeanblau dem Hilfsgerätewagen vorgespannt - eine Situation, wie es unzählig oft bei der Bundesbahn der Fall war.
Informationen zum Vorbild
Die Einheitshilfsgerätewagen der Deutschen Bundesbahn, auch als EHG 388 bezeichnet, gehören zu den Bahndienstfahrzeugen.
Noch bis heute werden einige der seit den 60er Jahren gebauten Wagen einsatzbereit vorgehalten. Zunehmend werden die EHG 388 jedoch durch modernere Bauarten verdrängt.
Benötigt werden diese Fahrzeuge im Falle technischer Betriebsunregelmäßigkeiten.
Der auf den ersten Blick unscheinbar wirkende EHG 388 verfügt über ein vielseitiges Equipment mit hochspezialisierten Werkzeugen. Das Herzstück bildet ein mitgeführtes Hydrauliksystem zum Aufgleisen und sogar Aufrichten verunfallter Eisenbahnfahrzeuge.
Der Innenraum des EHG ist auch als Werkstatt ausgestattet. Außerdem steht der Mannschaft ein Aufenthaltsraum zur Verfügung.
Über die geöffneten Rolltore hinaus ausziehbare Hebezeuge mit Laufkatzen dienen der schnellen Bereitstellung des schweren Werkzeug-Equipments im Gleisbett.
Die Einheitshilfsgerätewagen sind ihrem Zweck entsprechend mit umfangreichen Beleuchtungseinrichtungen versehen:
Stirnseitig kann weißes Spitzenlicht (z.B. bei geschobenen EHG als Sperrfahrt) oder rotes Zugschlusslicht gezeigt werden.
Die Wagen sind rundum mit Leuchtstoffröhren ausgestattet und verfügen auch über eine eigene Stromversorgung.
Im Einsatzfall rekrutiert sich die Mannschaft aus besonders ausgebildeten Fachleuten des Werkstattwesens. Das Personal steht hierfür in ständiger Bereitschaft.
Betrieblicher Ablauf (Deutsche Bundesbahn):
Zu Zeiten der ehem. DB waren die EHG allen größeren Bahnbetriebswerken zugeordnet. Deren Lokleitungen stellten im Einsatzfall nicht nur eine geeignete Lokomotive mit Lokführer zur Verfügung, sondern verständigte auch das Werkstattwesen oder deren Bereitschaft.
Der Wagen selbst war so abgestellt, dass ein sofortiges Ausrücken ohne umständliche Rangiertätigkeiten gewährleistet war, d.h. der Wagen stand frei. Die Lok konnte somit entsprechend der einzuschlagenden Fahrtrichtung direkt mit dem EHG kuppeln und in eine Zugfahrt übergehen. Diese Zugfahrt nannte sich "Hilfszug". Es wurde unterschieden zwischen "Nichtdringlicher Hilfszug" und "Dringlicher Hilfszug".
Die Dringlichkeit war dabei der Relevanz eines Ereignisses geschuldet. So hatten "Dringliche Hilfszüge" absoluten Vorrang; selbst ein Intercity - das damalige Premium-Produkt der Bundesbahn - war dem "Dringlichen Hilfszug" betrieblich nachgeordnet.
Vorzugsweise eigneten sich Dampf-, und Diesellokomotiven für diese Hilfszugeinsätze wegen der Fahrdrahtunabhängigkeit. Aber auch Elektrolokomotiven kamen durchaus vor dem EHG 388 zum Einsatz, sofern die örtlichen Rahmenbedingungen es gestatteten.
Entstehung des EHG 388 und bauartverwandte Wagen
Die Einheitshilfsgerätewagen entstanden aus zwei aneindergesetzte Behelfspersonenwagen der Bauart MCi-43, deren Basis wiederum der gedeckte Güterwagen Glmhs "Leipzig" bildete.
Auch die verwandten Behelfspackwagen der Bauart MPwi-50, (MDie 996) entstanden auf diese Weise. Diese Wagen wurden nach- und nach als Expressgutwagen mit Gummiwulstübergang modernisiert und erhielten die Bauartbezeichnung MPw4yg-57 (MDyg 986). Viele dieser Gepäck-, als auch Gerätewagen optimierte die DB durch Ersatz der Bretterwände gegen Siebdruckplattenwände und Einbau moderner Fenster.
Offensichtlich handelte es sich jedoch um zwei verschiedene Produktionslinien:
Nämlich Gerätewagen einerseits und Packwagen andererseits. Besonders sichtbar wurde der Unterschied bei der Fenster- und Feldaufteilung. Allerdings keine Regel ohne Ausnahme: Der Einheitshilfsgerätewagen mit der Wagennummer 60 80 99-20 068-5 weicht von den übrigen Wagen erheblich ab und lässt zumindest den Umbau aus einem MDie 996 vermuten.
Abbildung:
Ein Hilfszug mit EHG 388 und typischer Bespannung unterwegs zum Einsatzort - in diesem Falle führt eine Lok der Baureihe 216.
Das Modell:
In der Baugröße N steht nur ein schon sehr lange erhältliches Roco-Modell zur Verfügung. Zwar ist die Bodengruppe mit den Werkzeugkästen gut nachgebildet und auch Rolltore wurden wiedergegeben. Die Fenster- und Feldaufteilung entspricht jedoch den ebenfalls produzierten Behelfspackwagen. Ob es ein konkretes Vorbild für diesen Wagen gab darf bezweifelt werden. Allerdings ist der im Text oben besprochene "Abweichling" 60 80 99-20 068-5 recht nahe am Roco Modell. Doch von dessen Existenz wusste ich zunächst noch nichts.
Das Ausgangsmodell ist dem Produktionszeitraum entsprechend natürlich nur rollfähig und besitzt ansonsten keine weiteren Funktionen. Das wollte ich unbedingt ändern.
Der EHG 388 sollte folgende Lichtfunktionen mit Pufferung erhalten:
Das mir vorliegende Modell lag seit mehr als zwei Jahrzehnten in der OVP und wartete bereits auf bessere Zeiten. Es präsentierte sich deutlich zu stark patiniert, so dass hier erst ein brauchbarer Zustand hergestellt werden musste.
Zunächst ging ich auch davon aus, ein kompromissbehaftetes Modell aufzuwerten und bereitete deshalb die Öffnungen für die seitlichen "Leuchtstoffröhren"-Imitation an den passenden Stellen des "Standard"-EHG 388 vor.
Erst während der fortgeschrittenen Lichtinstallationsarbeiten entdeckte ich im Internet eine Abbildung des besagten Vorbildwagens - eben jener "Abweichling". Natürlich freute ich mich über diesen überraschenden Fotofund, allerdings wurden bei diesem Wagen auch die Leuchtstoffröhren über alle mittleren Fenster angebracht. Das konnte ich nicht mehr korrigieren und beschloss, diesen wirklich kleinen Kompromiss einzugehen.
Um noch näher an das konkrete Vorbildfahrzeuge anzuknüpfen, verschloss ich einige Fenster.
Das Modell erhielt eine feine Patinierung, sowie viele farblich abgesetzte Details.
Dieser Einheitsgerätewagen führt nun kein "Schattendasein" mehr, sondern ist nun ein hochinteressantes Fahrzeug - und ganz wie sein Vorbild - ein absolutes Unikat...
Abbildungen:
Sehr vorsichtig reduzierte ich die unsachgemäße Patinierung aus meinen jugendlichen Jahren. Hierzu verwendete ich Isopropanol.
Abbildungen:
Die eingepasste "Bretterwand" anstelle des vorbildwidrigen Fensters. Der Kunststoff ist handbearbeitet. Ebenfalls gut sichtbar sind die Langlöcher für die "Leuchtstoffröhren"-Wirkung.
Das ursprüngliche Fensterband wurde passend eingekürzt.
Dabei ist unbedingt auf den Fortbestand der Ausnehmungen für die Gehäuserastnasen zu achten!
Ebenso passte ich die Form der Fensterelemente an die von innen angebrachten LED an.
Unscheinbares Detail:
Die gelb lackierten Fenstersprossen werten den vorbildnahen Charakter der Hozrahmenfenster deutlich auf.
Abbildungen:
Um die Vielzahl der Kabelverbindungen sinnvoll konnektieren zu können, fertigte ich passende Platinen an. Die angelöteten Widerstände der Kabelverbindungen ersetzte ich zugunsten fest angebrachter SMD-Widerstände.
Gut zu erkennen ist auch der Pufferkondensator - hier ein ELKO. Im späteren Stadium ersetzte ich den ELKO gegen eine Puff-N-Pufferschaltung.
Abbildungen:
Die Spitzen- und Zugschlussbeleuchtung besorgen vier Duo-LED. Zuvor wurde schwarz abgedunkelt, um ein Durchscheinen möglist zu verhindern.
Die Dekoderbefestigung realisierte ich durch eine Art "Schublade". Auf diese Weise kann der Dekoder bedarfsweise entnommen werden. Bei dem Dekoder handelt es sich übrigens um einen ZIMO MX 675 V.
Abbildungen:
Die Stromabnahme erfolgt durch PEHO-Buchsen. Die Vorteile sind ein sehr geringer Rollwiderstand und eine praktisch unsichtbare Kabelführung.
Abbildungen:
Fertig verkabelter Wagen. Der Pufferkondensator hat nun 900uF und reicht für eine flackerfreie Beleuchtung gut aus.
Der Pufferungseffekt stellt sich übrigens nur ein, sofern die Verbraucher an Dekoder (+) angeschlossen sind und nicht an Gleis (+). Das hat auch den Vorteil flackerfreier LED bei stärker Dimmung über CV 60.
Die Leuchtstoffröhren-Imitation erfolgte durch passend geschnittene Lichtfaserkabel mit dem Durchmesser 0,75 mm. Zuvor mattierte ich das Lichtfaserkabel mit 800er Schleifpapier. Es bewirkt bedingt die Brechung des LED Lichtes auf dessen seitlichen Grenzflächen. Die obere Abdeckung besteht aus 0,75 mm Polystyrolstreifen. Um ein Durchscheinen möglichst zu vermeiden, lackierte ich den Streifen vor der Zerteilung einseitig schwarz.
Abbildung:
Seitenansicht des fertigen Wagens. Neben den Beleuchtungseinrichtungen, sowie der reduzierten Fensteranzahl sorgen die farblichen Akzente für einen vorbildnahen Eindruck. Bühnengeländer, Aufgleistraverse, Bremsabsperrhahn und Bremsstellungswechsel erhielten ebenso eine Farbbehandlung, sowie auch die Fenstersprossen. Das Dach ist sauber nachgedunkelt und nur leicht schattiert, die Verbretterung wirkt durch farblich unterschiedlich behandelte "Bretter" sehr betriebsecht.
Beleuchtungszustände
Abbildungen:
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Der EHG 388 und verwandte Wagen
Abbildungen:
Links: Der gedeckte Güterwagen Glmhs Bauart "Leipzig" bildete die Basis für den Behelfspersonenwagen MCi-43.
Rechts: Unverkennbar: Der MCi-43 ist die "Hälfte" eines MPwi-50, (MDie 996), aber auch des dazu parallel gebauten EHG 388.
Abbildungen:
Links: Behelfspackwagen MPwi-50, (MDie 996) neben einem Expressgutwagen MDyg mit Gummiwulstübergang. Beide Wagen sind gleicher Herkunft.
Rechts: Nicht zu leugnen sind die selben Wurzeln des MPwi-50, (MDie 996) und des EHG 388.
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